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Qualität in der Sonderpädagogik:

ZSE Report Nummer 70

Ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt

Forschungsansatz, Ergebnisse, Schlussfolgerungen Graz, August 2006

Werner Specht, Lisa Gross-Pirchegger, Andrea Seel, Elisabeth Stanzel-Tischler, David Wohlhart


5. Alte Frontlinien in neuem Gewand (S. 32,33)

Die Diskussion über die prinzipielle Sinnhaftigkeit und den pädagogischen Wert des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nichtbehinderten Kindern ist entschieden; die Auseinandersetzung über die Grenzen der Integration und die institutionelle Verortung der Sonderpädagogik dagegen nicht.

Die Frage, ob alle Schüler/innen mit SPF grundsätzlich in den Regelunterricht integrierbar sind, spaltet die Befragten im Rahmen des QSP-Projekts in zwei fast genau gleich große Fraktionen:

Eine deutliche Mehrheit der befragten Expertinnen und Experten sieht das parallele Bestehen von integrativen und aussondernden Betreuungsformen als einen Vorzug, der es ermöglicht, Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Formen der Beeinträchtigung optimal gerecht zu werden.


7. Qualitätsfördernde Veränderungen im Schulrecht (S. 37)

 Zur Frage nach möglichen qualitätsfördernden Veränderungen im Bereich der rechtlichen Grundlagen der Sonderpädagogik äußern sich im Rahmen der Expertenbefragung gut zwei Drittel der Befragten.

Eines der Hauptergebnisse ist, dass bei den Veränderungsvorschlägen vor allem Präzisierungen und auch die bundesweite Vereinheitlichung von Regelungen gefordert werden. Diese Tendenz ist jedenfalls wesentlich stärker als Wünsche in Richtung Deregulierung oder Flexibilisierung vorhandener Bestimmungen.

Größere Rechtssicherheit und Verbindlichkeit werden vor allem in den folgenden Bereichen gewünscht:

? Klassenschülerhöchstzahlen;

? Höchstzahlen der Kinder/Jugendlichen mit SPF in Integrationsklassen;

? Integration im Bereich der Sekundarstufe II;

? Gewährleistung des Einsatzes qualifizierter Lehrpersonen, TherapeutInnen und Betreuungspersonen;

? Sicherstellung ausreichender Finanzierung des sonderpädagogischen Bereichs.

Speziell in Verbindung mit den Schülerhöchstzahlen und auch dem Einsatz von Lehr- und Betreuungspersonal in Integrationsklassen wird das Bestehen von „Kann“-Bestimmungen kritisiert


8. Ressourcen und Qualität (S. 39)

 Das Berechnungsmodell für personelle Ressourcen, das bundesweit von 2.7% der Schülerpopulation ausgeht, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufweisen, erscheint vielen Befragten als nicht adäquat. Die Forderung geht in Richtung einer bedarfsgerechten Entscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Situation.

Die Diskrepanz zwischen der Deckelung der sonderpädagogischen Maßnahmen durch ein bundesweites Kontingent und der Zuschreibung der Ressourcen an den einzelnen Schüler via SPF-Feststellung tritt deutlich zutage. Zudem wird das vorgegebene Kontingent in den meisten Fällen als nicht ausreichend erlebt, was durch den Unterschied zwischen festgestellten Fördernotwendigkeiten (SPF-Quote) und dafür gewährten Kontingenten auch objektiv bestätigt wird.


Schlussfolgerungen und Empfehlungen

 Eine große Mehrheit der befragten Experten vertritt die Auffassung, die integrative Bewegung habe sich bewährt und zu mehr Qualität in der Sonderpädagogik beigetragen. Gleichzeitig hält eine Mehrheit Sonderschulen für unverzichtbar im Sinne der Gewährleistung eines optimalen sonderpädagogischen Angebots für alle betroffenen Kinder. (S. 54)

Faktische Lage ist,

? dass die Verfügbarkeit von integrativen Klassen und Sonderschulen in vielen Bundesländern nicht in gleichem Ausmaß gegeben ist, was zu einer realen Einschränkung des Postulats der jeweils optimalen Betreuungsform, wie auch der Wahlmöglichkeiten der Eltern führt;

? dass viele der im Rahmen von QSP befragten Expertinnen und Experten diese Einschränkung der Wahlmöglichkeiten kritisieren.

Anzunehmen bzw. bekannt ist ferner,

? dass ein flächendeckendes, paralleles Angebot von Sonderschulen und Integrationsstandorten jeden vernünftigen ökonomischen Rahmen für den sonderpädagogischen Sektor sprengen würde;

? und dass dieses Dilemma derzeit in der Regel so gelöst wird, dass die Beratung der Eltern mehr oder weniger systematisch in der Weise erfolgt, dass diesen die Wahl der jeweils verfügbaren Angebote nahe gelegt wird.


Thesen

 Eine grundsätzliche Lösung dieser Problematik kann nur in einer Neustrukturierung der schulischen Sonderpädagogik gesehen werden. Diese könnte die folgenden, wesentlichen Elemente umfassen:

? Die bisherige Parallelstruktur wird aufgegeben und eine der beiden institutionellen Betreuungsformen als die Regelvariante definiert. Entsprechend den derzeitigen gesetzlichen Vorgaben, der vorherrschenden Expertenmeinung und des Standes der wissenschaftlichen Diskussion sollte diese Regelvariante in der Form der integrativen Beschulung angeboten werden.

? Da nichtsdestoweniger die von vielen Experten geäußerte Auffassung, dass der integrative Unterricht nicht für jeden Schüler die Ideallösung darstellt, schwerlich widerlegbar ist, sollten segregative Formen des Unterrichts dann möglich sein, wenn den Förderbedürfnissen der Kinder in Form der integrativen Beschulung nicht entsprochen werden kann.

? Auch diese Sonderformen eines segregativen Unterrichts sind nicht als eigenständige organisatorische Einheiten (Sonderschulen) zu führen, sondern im Rahmen der allgemeinen Schulen umzusetzen, um die Rückkehr in eine normalisierte Schulumwelt allen Schülern möglichst barrierefrei zu ermöglichen.

Eine Realisierung dieses Modells würde jedoch sorgfältige Planungen in Bezug auf Auswahl, Anzahl und Lokalisierung der Schulstandorte voraussetzen, die neben ihrer Funktion als Integrationsschule auch die Möglichkeit zur (möglichst zeitlich befristeten) Betreuung von Schülerinnen und Schülern in segregativen Settings bieten. Eine Arbeitsgruppe im Anschluss an das QSP-Symposion soll dafür praktikable Lösungsansätze erarbeiten.

S. 56

Zum Zeitpunkt, in dem Förderung den größten Effekt hätte, nämlich zum Zeitpunkt des Schuleintritts, kann vielfach noch nicht sonderpädagogisch gefördert werden, da das Verfahren noch nicht eingeleitet, bzw. noch nicht abgeschlossen ist. Dies gilt vor allem für Kinder, bei denen gerade präventive Förderung die spätere Zuerkennung des SPF eventuell verhindern könnte. Die aktuell erhobene Verteilung des SPF auf die Schulstufen 0 bis 9 bestätigt diese Problematik (vgl. „Ergebnisse“ – Pkt. 2).

SPF wird zwar dem Kind zuerkannt, damit überhaupt Ressourcen aquiriert wer-den können, die Förderressourcen sind jedoch nicht direkt mit dem SPF ver-knüpft. Dies kommt einerseits in unterschiedlichen Landesausführungsgesetzen zum Ausdruck, die einen engeren oder weiteren Spielraum für die Ressourcenzuweisung ermöglichen, vor allem aber in einer bundesweiten Kontingentierung, die davon ausgeht, dass 2.7% aller Kinder eines Altersjahrgangs einen SPF aufweisen. Davon abgesehen, dass diese Zahl kleiner ist als die statistisch erhobene Realität, wird hier ein prinzipieller Widerspruch zwischen den Mechanismen der „subjektiven“ Feststellung und der „objektiven“ Zuteilung sichtbar.


Optimale Nutzung von Ressourcen und Förderpotentialen in voll ausgebauten Integrationsklassen (S. 65)

 Situationsanalyse

Die hohe, prinzipielle Akzeptanz des integrativen Unterrichts heute ist, jedenfalls von Seiten der QSP-Expertinnen und Experten, mit vielen „Wenn und Aber“ verbunden.

Betont wird einerseits in vielfältiger Weise das Förderpotential des gemeinsamen Unterrichts sowohl für behinderte als auch für nichtbehinderte Schüler/innen und gleichzeitig das Innovationspotential für die Veränderung von Schule und Unterricht in Richtung Förderung, Individualisierung und Schülerorientierung. Relativiert wird die positive Beurteilung jedoch dadurch, dass die verbalen Stellungnahmen darauf hindeuten, dass im integrativen Unterricht in erster Linie eben ein Potential gesehen wird, das aber bei weitem noch nicht (oder nicht mehr) ausgeschöpft und realisiert wird.

Erforderliche äußere Rahmenbedingungen für die Realisierung dieses Potentials sind nach Auffassung der Befragten insbesondere (S.65)

(a) die Doppelbesetzung mit Klassen- und Integrationslehrern an Integrationsklassen als Standard,

(b) eine günstige Zusammensetzung der Klassen im Sinne echter Heterogenität und ohne Konzentration von verhaltensauffälligen Schülern, vor allem aber

(c) eine entsprechende Qualifikation der Lehrkräfte.

Mehrere Befragte sprechen in eher unspezifischer Weise davon, dass die notwendigen Rahmenbedingungen nicht oder nicht mehr immer in hinreichender Weise gegeben seien, bzw. dass Mittelkürzungen in den letzten Jahren zu Qualitätsverlusten geführt hätten.


Besonders betroffen vom Fehlen förderlicher Rahmenbedingungen seien aber die Hauptschulen, wo zu wenig Wert auf

  • adäquate Lehrerbesetzung,
  • günstige Klassenbildung und Qualitätssicherung gelegt werde.

Häufig artikuliert werden hier auch Probleme mit Schulklassen, in denen einzelne SPF-Schüler/innen lediglich stundenweise von Sonderpädagogen spezifisch gefördert werden (Einzelintegration, Stützlehrersystem).

 

Die empirische Evidenz aus der Schulversuchszeit und die neueren Untersuchungen in der Steiermark sprechen hier eine recht deutliche Sprache:

Aus der Sicht der Schüler/innen kommen die qualitätsfördernden Effekte der Integration und des Zwei-Lehrer-Systems an Klassen mit Einzelintegration wenig oder nicht zum Tragen, während sie in Klassen, an denen im Team Teaching unterrichtet wird, recht deutlich sind.

Der Einsatz von Stützlehrern in Klassen mit Einzelintegration ist für die unterstützenden Lehrkräfte meist unbefriedigend, weil ihr Unterricht nicht eigentlich integrativ, sondern gerade wieder spezialisierend und segregierend ist; sie können in der Regel keine Kontakte zur Klasse aufbauen, sondern beschäftigen sich ausschließlich mit einzelnen Kindern. Die Stützstunden reichen in vielen Fällen nicht aus, die SPF-Kinder tatsächlich wirksam zu fördern und die Klassenlehrer bzw. Fachlehrkräfte fühlen sich in der Bewältigung der heterogenen Klassensituation häufig zu wenig unterstützt – insbesondere dann, wenn die Integrationsschüler schwerere Beeinträchtigungen aufweisen.

These

? Von einer Konzentration der sonderpädagogischen Betreuung in Integrationsklassen mit durchgehendem Zwei-Lehrer-Einsatz könnte eine wesentliche Steigerung der Betreuungseffizienz und der Unterrichtsqualität bei gleichzeitiger Senkung oder zumindest Konstanz der Kosten erwartet werden. Eine möglichst weitgehende Konzentration sollte daher angestrebt, die Führung von Einzelintegrationsklassen - insbesondere an städtischen Schulen - möglichst vollständig unterbunden werden.

? Dabei sollte gewährleistet werden, dass eine sonderpädagogisch ausgebildete Lehrkraft die Klasse gemeinsam mit dem Klassenlehrer bzw. den Fachlehrern unterrichtet.

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