Ad II. – SONDERPÄDAGOGISCHER FÖRDERBEDARF

Wann liegt ein sonderpädagogischer Förderbedarf vor?

Gemäß § 8 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 liegt dann ein sonderpädagogischer Förderbedarf vor,

wenn eine Schülerin bzw. ein Schüler infolge einer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Neuen Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag

wobei unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen ist, die geeignet ist, die Teilhabe am Unterricht zu erschweren.

Die Beeinträchtigung muss kausal dafür sein, dass die Schülerin bzw. der Schüler dem Unterricht ohne sonderpädagogische Förderung, auch bei Ausschöpfung aller pädagogischen Möglichkeiten im Rahmen des Regelunterrichts nicht folgen kann.

Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Eine bescheidmäßige Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist demnach nur in jenen Fällen möglich, in denen eine Behinderung feststellbar ist und sonderpädagogische Maßnahmen notwendig sind.

Wann können Anträge auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs gestellt werden?

Anträge auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs können jederzeit gestellt werden, auch anlässlich der Schülereinschreibung

Im Sinne einer rechtzeitigen Planung von Fördermaßnahmen an den jeweiligen Schulstandorten empfiehlt es sich jedoch grundsätzlich, die Anträge bis spätestens 1. März  zu stellen.

Wer darf/muss den Antrag stellen?

Anträge können gestellt werden

  • von den Eltern oder
  • von Amts wegen

Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs

Das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs ist durchzuführen, wenn ein (begründeter) Antrag vorliegt.


Verfahrensbestimmungen:

Mit dem Bildungsreformgesetz 2017 wurde das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs neu gestaltet und bei der jeweiligen Bildungsdirektion angesiedelt.

Verfahrensleitendes Organ ist die Rechtsabteilung der Bildungsdirektion:

Die Durchführung fällt in die Zuständigkeit der Leiterin oder des Leiters des Präsidialbereiches und hier in eine allenfalls eingerichtete Rechtsabteilung oder ein Rechtsreferat. →für die Steiermark:hier

§ 18 (1) Die Geschäfte der Bildungsdirektion sind unter der Leitung des Bildungsdirektors oder der Bildungsdirektorin mit Unterstützung des Präsidialbereichs zu besorgen. (Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetz)

Wichtige Neuerung:

Das verfahrensleitende Organ in der Bildungsdirektion entscheidet nunmehr nach eigenem Ermessen, welche Gutachten (sonderpädagogische, schul- oder amtsärztlichen, (schul-) psychologischen etc.) es für seine Entscheidung benötigt. Eine verpflichtende Einholung eines sonderpädagogischen Gutachtens ist damit nicht mehr vorgesehen.

Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) als Grundlage  Es regelt:

Zuständigkeiten,

Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten und deren Vertreter/innen

           Die Beteiligten können sich eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen. (§ 10 Abs.5)

der Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten

  • Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen (§ 13 Abs.3)
  • Die Behörde hat Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. (§ 13a)
  • Mündliche Anbringen von Beteiligten sind erforderlichenfalls ihrem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift festzuhalten.... (§ 14 Abs.1)
  • Die Niederschrift ist ....Personen, wenn sie nicht darauf verzichten, zur Durchsicht vorzulegen oder vorzulesen (§14 Abs.3)
  • Den beigezogenen Personen ist auf Verlangen eine Ausfertigung der Niederschrift auszufolgen oder zuzustellen (§ 14 Abs. 6)
  • Akteneinsicht, von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle ...Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden (§ 17 Abs.1) -Ausnahme: Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder ...(Abs. 3)

das Ermittlungsverfahren

  • Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.... (§ 37)
  • Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen..... (§ 40 Abs.1)
  • Die Verhandlung ist so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können.......(§ 41 Abs.2)
  • Jeder Partei muß insbesondere Gelegenheit geboten werden, alle zur Sache gehörenden Gesichtspunkte vorzubringen und unter Beweis zu stellen, Fragen an die anwesenden Zeugen und Sachverständigen zu stellen, sich über die von anderen Beteiligten, den Zeugen und Sachverständigen vorgebrachten oder die als offenkundig behandelten Tatsachen sowie über die von anderen gestellten Anträge und über das Ergebnis amtlicher Erhebungen zu äußern. (§ 43 Abs.4)

Grundsätze über den Beweis, Sachverständige,...

die Bescheide (Erlassung, Inhalt und Form von Bescheiden), der Rechtsschutz (Berufung, Abänderung, Wiederaufnahme etc.) und die Kostenfrage geregelt.

Verantwortlichkeit der Bildungsdirektion

Die Bildungsdirektion trägt auch die Verantwortung für die Sicherstellung der Qualität der pädagogischen Intervention im Vorfeld sowie der durch den Bescheid begründeten sonderpädagogischen Fördermaßnahmen liegen.

Unter Bedachtnahme auf die Feststellung „SPF“ hat

  • die Bildungsdirektion festzulegen, ob und in welchem Ausmaß der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan der Sonderschule oder einer anderen Schulart zu unterrichten ist (SchPflG § 8 Abs. 1)
  • die Schulkonferenz unter Bedachtnahme auf diese Feststellung zu entscheiden, ob und in welchen Unterrichtsgegenständen der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan einer anderen Schulstufe, als der seinem oder ihrem Alter entsprechenden, zu unterrichten ist. (SchUG § 17 Abs. 4)

Jedenfalls ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn oder sie bestmögliche Förderung erhält.

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